Am letzten Donnerstag ging mein erster zweiwöchiger Regattablock von insgesamt 3 in diesem Sommer zu Ende. Wir fingen an mit der Warnemünder Woche und dem damit zusammenhängendem Laser Europacup. Dieser verlief für mich am ersten Tag so gar nicht nach Plan. Ich startete mit einem BFD in die Regattaserie. Dennoch war ich sehr optimistisch, damit noch einen Platz unter den besten 5 zu erreichen, da für die nächsten Tage mit mehr als 20 Knoten genau mein Wind kommen sollte. Jedoch blieben Fehler nicht aus und so musste ich eine 30% Strafe in Kauf nehmen durch einen verloren gegangen Protest gegen den damals noch amtierenden Europameister Danil Krutskiih aus Russland. Vorm letzten Tag konnte ich mich trotzdem mit ausschließlich Top 3 Platzierungen auf den 4. Platz setzen. Damit sollte es denn aber auch gewesen sein. Ich beendete diese Generalprobe für die bevorstehende Europameisterschaft mit dem 4. Gesamtplatz und dem 1. Platz unter 17 Jahren.
Am Folgetag fuhren wir nach Gdynia, Polen wo unsere diesjährige Jugendeuropameisterschaft stattfand. Ich war hoch motiviert, doch zu dieser Zeit mir noch nicht bewusst, dass diese Regatta eine ganz besondere werden sollte. Nach 2 Tagen Vorbereitung und einem schönen 2 Stunden Ausflug ins nur 30 Kilometer entfernte Danzig war ich gut eingespielt auf die bevorstehenden Qualifikationwettfahrten. Ich bin vorher noch nie auf der polnischen Ostsee gesegelt, doch muss ehrlich gestehen, dass ich noch nie ein so instabiles Revier erlebt habe.
So fuhren wir nun am Samstag zu den ersten 2 Wettfahrten vor der polnischen Küste hinaus. Alles schien in Ordnung zu sein: 20°C, leichte Bewölkung und 10 Knoten aus Ost. Doch als wir um 12 Uhr starten sollten, war der leichte Wind erstmal spurlos verschwunden. Nach gut 2 Stunden Startverschiebung wehte es denn aus dem nichts mit guten 18 Knoten in Böen. Man merkte aber schon da, dass dies ein kurioses Rennen werden sollte. Mit einem guten Start war ich auf Top 5 Kurs und konnte dies bis zur zweiten Outerloop Vorwand halten. Denn ging jedoch die Hölle los. Der Wind drehte um 180° Grad und es setzte so ein Starkregen ein, dass ich weder sah wo das nächste Boot war, geschweige denn das Lee Gate bzw. jetzt ja durch die Winddrehung unsere „Luvmarke“. Sie ließen uns durch das Gewitter segeln und brachen jedoch berechtigt 5 Meter vor der Ziellinie das Rennen ab. Pech für mich, ich war 8. zu dieser Zeit. Nach weiteren 2 Stunden warten und 2 mal 360° Winddrehungen pegelte er sich bei leichten 7 Knoten irgendwann ein. Wir schafften noch ein Rennen und mit einem 11. Platz konnte ich schon mal mit einem guten Einstieg in die Regattaserie starten.
Am Sonntag war es natürlich ohne ein weiteres abgebrochenes Rennen (dort war ich erster) und mehren Stunden Startverschiebung nicht möglich, vor 16 Uhr das erste Rennen zu starten. Es kämpften Thermik gegen Gradientwind, bis sich schließlich die Thermik durchsetzte. Mit einem 17. und einem 6. Platz konnte ich mich vorschieben auf den 29. Gesamtrang und was noch viel interessanter war, auf den 1. Platz in der U17 Wertung. Am dritten Tag gingen unsere Qualirennen zu Ende und ich konnte nach 7 weiteren Stunden auf dem Wasser für nur 2 Rennen (Plätze 5 und 13) mich auf den 21. Platz setzen. Ebenfalls baute ich in Hinsicht auf den U17 Europameistertitel meinen Vorsprung auf den zweitplatzierten allmählich weiter aus.
Am 4. Tag holte ich mir mit einem 41. Platz und einem 10. Platz in der Goldgruppe nun auch meinen Streicher. Ab sofort sollte der Druck noch höher werden, da ich ab diesem Zeitpunkt mit nur einem Streicher in der Finalserie mit dem Rücken zur Wand stand.
Am Tag 5 sollte mein Herz nun komplett in die Hose rutschen. Nach 4 Stunden Startverschiebung an Land, wurden wir denn schließlich aufs Wasser geschickt. Es waren überhaupt nicht meine Idealbedingungen: 0-5 Knoten und gefühlt einen halben Meter hohe und sehr steile Welle. Ich war zu diesem Zeitpunkt auf dem 12. Platz und 1. Platz mit 14 Punkten Vorsprung in der U17 Wertung. Ich konnte nur noch verlieren … dachte ich. Irgendwie schaffte ich es, mich durch das enge und niveauvolle Feld auf der 1. Kreuz zu wuseln und kam als 5. am Luvfass an. Dies konnte ich auch fast noch ins Ziel retten. Mit einem 6. Platz in diesem Rennen war ich mehrals zufrieden, da ich wusste,
dass es am letzten Tag nochmal mit allem was es hat, pusten sollte.
Die Voraussage mit mehr als 32 Knoten traf denn zwar doch nicht ein, jedoch waren es trotzdem die härtesten 2 Rennen, die ich diese Saison bisher hatte. Ich muss ehrlich sagen, dass es in einem so hochkarätigem Feld sogar bei diesen perfekten Bedingungen absolut brutal zuging. Jedoch konnte ich mich durch mein gutes Konditionstraining dort vorne immer halbwegs halten und fuhr mit aller Kraft, die ich hatte, einen 9. und einen 7. Platz ein.
So richtig konnte ich erst fassen, dass ich damit Jugendeuropameister U17 bin, als meine Trainerin Runa Kappel mich in den Arm nahm nach dem Zieleinlauf. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, dass sich das ganze Training endlich ausgezahlt hat und dies alles in einem Europameistertitel zusammenfloss. Als ich im Hafen auf die Ergebnislisten sah, musste ich sogar feststellen, dass ich in der Gesamtwertung damit noch auf den 7. Platz vorgerutscht war. Als ich schließlich auf dem Siegerpodest stand und für mich zweimal die deutsche Nationalhymne erklang, hatte ich wohl das größte Lächeln im Gesicht, was man sich nur vorstellen kann. Dies verschwand erst, als meine Trainingspartner mich in die eiskalte Ostsee warfen. An diesem Triumph bin ich aber nicht alleine beteiligt. Ohne die finanzielle Unterstützung des WSV1921 und der Arbeit meiner Trainer Olaf Koppin und Runa Kappel hätte ich das nicht geschafft. Hierfür möchte ich mich recht herzlich bei allen Mitgliedern bedanken. Lange Zeit zum Ausruhen und Genießen bleibt mir jedoch nicht. Schon am 19.07 fahr ich wieder nach Travemünde zur Internationalen Deutschen Jugendmeisterschaft im Laser Radial, um meinen Verein den WSV1921 dort auch so gut wie möglich zu vertreten.
Euer Nico.