Törnbericht der „Augusta“

Rostock – Laboe

Nachdem wir Mitte Mai unsere „Augusta“, eine Hallberg Rassy Monsun 31, aus Helsingör nach Rostock überführt haben, waren wir 5 Wochen Gastlieger im Mecklenburgischen Yachtclub Rostock e.V. an der Warnow. Zu einem absolut fairen Preis, guter Infrastruktur und sehr netten, hilfsbereiten und segelbegeisterten Menschen. Dreimal in der Woche kann man dort aus dem Wasser gekrant werden und man bekommt immer, sofern man möchte, Unterstützung bei den Arbeiten am Schiff.

Von Rostock selbst haben wir leider nicht so viel gesehen, weil wir noch viel Arbeit in das Boot gesteckt haben um es reisefertig zu machen. Besonders toll fanden wir aber, dass man mit dem Boot einmal auf die andere Warnowseite zum einkaufen fahren konnte.

Es stehen dort freie Liegeplätze an der Kaimauer zur Verfügung. Das haben wir natürlich genutzt.
Am 2. Juliwochenende sind wir dann endlich aufgebrochen und von Rostock über das 1,5h Fahrt entfernte Warnemünde nach Fehmarn gesegelt. Auf Fehmarn haben wir eine Nacht im überfüllten Hafen von Burgtiefe verbracht. Uns hat es dort nicht gefallen, das nächste Mal würden wir den anderen Hafen ausprobieren.
Von Fehmarn sind wir bei bestem Wind mit den Segeln in Schmetterlingsstellung fast bis Laboe geflogen … 35sm und unter der imposanten Fehmarnsund-Brücke durch…was für ein schöner Segeltag !
Bereit zur Einfahrt in den Hafen von Laboe starten wir Augustas Motor und bemerken sofort…oh weh, kein Vortrieb. Was uns hier passiert ist, hätten wir uns niemals vorstellen können, wenn ich nicht dasselbe bei meinem SKS-Ausbildungstörn erlebt hätte…wir haben unseren Propeller verloren! Bei 4-5Bft und Welle, an einem belebten Sonntag trieben wir manövrierunfähig in der Kieler Förde. Bei solchen Bedingungen in einen fremden Hafen unter Segeln, unmöglich. Um uns herum Frachter und viele Segel- und Motorboote. Nach dem ersten Schreck, die nächste Herausforderung: das 1. Mal funken und um Hilfe bitten. Bremen Rescue meldete sich sofort und setze uns mit den Seenotrettern von Laboe in Verbindung. In weniger als 5 Minuten waren unsere Helden da, mit beruhigenden Worte und klaren Anweisung: Treibanker ausbringen um das Boot stabil zu halten, danach Schleppleine mit Hahnepot anbringen und los gehts steuern, Boot direkt hinter Schlepper halten. Nach einem starken U-Turn lagen wir auch schon seitlich an einem Werftsteg, genau in der Mitte unter einem Plakat mit der Aufschrift: Anlegen verboten!
Nach einer durchgeschaukelten Nacht wurden wir am nächsten Morgen um 7 Uhr aus dem Wasser gekrant. Wir haben die Schiffswerft Laboe mit sehr freundlichen, schnellen, effizienten Menschen erlebt. 10 Tage sollten wir hier verbringen und wir durften ausnahmsweise an Bord wohnen. Jeden Tag mehrmals die Hühnerleiter hoch und runter.
Alles in bester Ordnung, aber preiswert war das natürlich nicht.

Fast fallen wir in Ohnmacht, entweder zwei Monate auf einen neuen Dreiflügel-Festpropeller warten oder einen unglaublich teuren…über 4000 Euro… Faltflügelpropeller nehmen, der aber auch nicht adäquat zu unserem Boot gepasst hätte. Und das nur der Propeller, ohne Arbeitszeit, Kosten für die Kranung und Liegeplatz an Land von 25 Euro die Nacht.
Also, Alex am Computer, Internetrecherche und ich am Telefon … zwei ganze Tage hat es gedauert und nach einem tollem Tipp von einer Propellerfirma für die Berufsschifffahrt, haben wir eine passenden Propeller bei Ebay Kleinanzeigen gefunden. Das war, wir uns alle versicherten, wie ein 6er im Lotto. Und wir haben eine Menge über Propeller gelernt: Flügelanzahl, Steigung, Konus, Keilbreite und natürlich passend zur Welle. Zum Propeller haben wir noch eine neue Welle und Stopfbuchse bekommen. Währenddessen haben wir einige Arbeiten am Schiff vorgenommen, wie zum Beispiel Abdichten (immer kommt irgendwo Wasser rein), Überprüfung Anbau unserer Aries-Windsteueranlage und versuchen die Funktionsweise zu verstehen: danke Detlef! Den Dieseltank haben wir leeren und reinigen lassen. Wer hätte gedacht, dass die Entsorgung von altem Diesel teurer ist als das Tanken von neuem.
Wir haben den Schaden unserer Vollkasko-Versicherung bei Pantaenius gemeldet. Nach Prüfung wurde uns jedoch mitgeteilt, dass der Schaden nicht übernommen wird, weil das bloße Verlieren des Propellers keine Gefahr darstellen würde. Was für ein Dämpfer und Schlag ins Budget. Das Abschleppen durch die Seenotretter würden sie, sofern wir dafür eine Rechnung bekommen, übernehmen, denn manövrierunfähig irgendwo zu treiben sei eine Gefahr.
Laboe ist ein kleiner schöner Ort und die leckeren Fischbrötchen helfen die Warte- und Arbeitszeit zu überstehen.

 

Nord-Ostsee-Kanal (NOK) – Cuxhaven

10 Tage später haben wir bei schönstem Sonnenaufgang glücklich die Werft verlassen und sind Richtung Nord-Ostsee-Kanal aufgebrochen. Unsere Passage von 12 Euro haben wir vor der Einfahrt in die Schleuse online auf der Seite der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes gekauft. Über Funk haben wir uns bei der Schleuse angemeldet und erfahren, dass Sportboote in der großen Schleusenkammer mit der Berufsschifffahrt geschleust werden. Die kleine Schleusenkammer wurde zu dieser Zeit instandgesetzt. Nachdem der Riesenfrachter Sleipnir in die Schleuse eingefahren war, durften wir auch.

Auf der Fahrt durch den Kanal hörten wir ein Quietschgeräusch und haben regelmäßig ein Liter Wasser pro Stunde in der Bilge…oh, oh… Das Quietschgeräusch, so wurde uns von der Werft versichert, habe keine Auswirkungen und sei nur bei einer bestimmten Motordrehzahl zu hören. Hier wäre die Lösung das Boot wieder aus dem Wasser zu nehmen und die Propellerflügel zu schleifen. Das würde aber noch einmal viel Zeit und natürlich auch Geld kosten…wir haben uns dagegen entschieden.
Die Ursache mit dem Wasser kann sich die Werft nicht erklären. Wir fahren weiter und pumpen regelmäßig bis wir in Brunsbüttel ankommen. Die Handbilgepumpe funktioniert zum Glück einwandfrei.
Der Hafen von Brunsbüttel ist etwas Besonderes: klein und direkt neben der Schleuse. Wir liegen das erste Mal im Päckchen und bestaunen die riesigen Schiffe, die fast im Minutentakt in die Schleuse ein- und ausfahren.

Am nächsten Morgen waren wir pünktlich zur Hochwasserzeit Brünsbüttel vor der Schleuse. Ab jetzt müssen wir Gezeiten und Strömungen im Blick haben. Die Fahrt mit der Strömung über die Elbe bis nach Cuxhaven dauerte nur 2,5 Stunden. Yeah, waren wir schnell: 4,5kn Fahrt durchs Wasser und 9kn Fahrt über Grund. Die Freude ist vorbei als wir die Hafeneinfahrt verpassen und umdrehen müssen…wo waren die 9kn hin? Mit 1kn Fahrt über Grund näherten wir uns wie in Zeitlupe der Hafeneinfahrt. Dabei hatten wir genügend Zeit uns an das zu erinnern, was alle gesagt haben: nicht gegen den Strom fahren, ha ha ha. Irgendwann schafften wir es und fuhren in den Amerikahafen ein um an der schwimmenden Steganlage der Liegegemeinschaft Cuxhaven e.V. festzumachen. Ein sehr netter Verein, mit freundlichen, hilfsbereiten Menschen. Gastlieger sind hier herzlichst willkommen, dürfen die Vereinsräume mit nutzen und kostenfrei Fahrräder leihen.
Hier verbrachten wir 6 ganze Tage bei beständigem Westwind in Starkwind- bis Sturmstärke, keine Chance auf die Nordsee und noch weniger in Richtung Westen zu kommen. Wir bereits in Laboe nutzten wir die Zeit für Arbeiten am Boot…es gibt immer etwas zu tun. Regen hatte uns wieder gezeigt, wo Augusta undicht ist…Sikaflex wurde zu einem unserer wichtigsten Werkzeuge.
Und, wer bis hier aufmerksam mitgelesen hat, fragt sich bestimmt: was war denn nun mit dem Thema 1 Liter Wasser pro Stunde in der Bilge? Ja genau, Alex konnte nicht aufhören darüber nachzudenken und nach Ursache und Lösung zu suchen. Auf einmal hörte ich ein: „Ha, ich hab’s“ aus dem Motorraum. Ich schaute hinab in die Tiefen, da saß sie mit einem Schraubenzieher bewaffnet über der Welle an der Stopfbuchse … und hat die Schlauchschellen festgezogen. Seitdem haben wir Ruhe.

 

Fortsetzung folgt…

Liebe Grüße an euch alle von Alex und Jana